Mo, 13.05.2013Wer Fußball spielt, fragt nicht nach Hautfarbe, Glauben oder Herkunft Willi Lemke berichtete in Westerstede
Zuhörer und Veranstalter im Ev. Haus waren tief beeindruckt: Seine erste Reise als Sonderberater des UN-Generalsekretärs führte Willi Lemke nach Afrika, in Länder südlich der Sahara. Das sei der am stärksten leidende Teil der Erde, habe ihm der Generalsekretär mit auf den Weg gegeben.
Frei und über eineinhalb Stunden erzählte Willi Lemke am vergangenen Freitag über die Rolle des Sports für Entwicklung und Frieden. Der Kirchenkreis Ammerland und das Evangelische Bildungswerk hatten ihn im Rahmen der Reihe Reformation und Toleranz nach Westerstede eingeladen.
In Kenia/Ostafrika lernte Lemke junge Menschen kennen, die sich trotz bitterer Armut für Sport engagierten. Das brachte ihn auf die Idee, ein Förderprogramm ins Leben zu rufen, das diese Engagierten zusammenführt, sie unterstützt und zu Sportorganisatoren ausbildet. Das ist eine gute Alternative zur Drogenkarriere oder zur Kleinkriminalität.
Im Norden der Elfenbeinküste/Westafrika, in Buake, brachte Lemke UNO-Blauhelmsoldaten dazu, in einem Rebellendorf einen Bolzplatz zu errichten. Die Blauhelme selbst spielten dort gegen die Rebellen Fußball und bauten so Feindbilder ab. Und die Skepsis der Dorfjugend den Soldaten gegenüber wurde deutlich reduziert. Wenn sie künftig Blauhelme nicht mehr mit Steinen beschmeißen, hat auch der Frieden einen kleinen Sieg errungen.
Besonders beeindruckte Lemkes Erzählung von leicht veränderten Fußballregeln in Südafrika. In gemischten Mannschaften zählen nur die Tore, die von Mädchen geschossen werden. Das verändere das Verhalten der jungen Männer kolossal, weil sie auf die Mädchen angewiesen sind, um ein Spiel zu gewinnen. Da stiege der Respekt vor den Mitspielerinnen. Was im Spiel erlernt wird, färbe auch auf die Gesellschaft ab.
Ein weiteres Beispiel: In einem Gebiet mit rund einem Duzend verfeindeten Clans wurde ein Fußballturnier veranstaltet. Jeder Clan steuerte eine Mannschaft bei. Das sei nicht schwer zu organisieren gewesen. Aber dann sei der Clou gekommen. Aus jeder Mannschaft wurden die besten Spieler ausgewählt, die dann gemeinsam gegen die Nationalmannschaft Kenias antreten durften. Dazu mussten eigentlich verfeindete Clanmitglieder gemeinsam trainieren und im Trainingscamp leben. Schon nach wenigen Tagen habe die Frage, wer zu welchem Clan gehöre, keine Rolle mehr gespielt. Sport überwindet Grenzen war nicht nur der Titel der Veranstaltung, sondern zog sich auch als Motto durch fast alle Beispiele. Bei einem Bild von Fußball spielenden Minenopfern wird Willi Lemke schlagartig zum Politiker, der er acht Jahre lang als Senator in Bremen war. Wer solche Bilder sieht, kann nicht verstehen, dass manche Länder Minen immer noch nicht geächtet haben. So geht es ihm auch, als ein Bild mit Fußball spielende palästinensisch-muslimische Jungen und Mädchen vor den israelischen Grenzmauern gezeigt wird. Hier nehmen sich die Mädchen das Recht, Fußball zu spielen. Aber das viel größere Problem in der Region ist der Hass, der von politischen Kräften auf beiden Seiten geschürt wird.
Zum Schluss stellte Willi Lemke eine junge Frau vor: Mara. Sie lebte von und auf der Müllkippe in Nairobi. Mara gehörte zur Fußballmannschaft der Obdachlosen. Als sie Mutter wurde, entwickelte sie einen eisernen Willen, ihre Situation und die in ihrer Umgebung zu ändern. Sie nahm sich neben ihrem Kind drei weiteren Waisen an und organisierte durch Petitionen für vierzig Kinder die Befreiung vom Schulgeld. Sie sorgte und sorgt für Schuluniformen und Bücher dieser vierzig Kinder. 250 Unterstützung für dieses Schulprojekt der Fußball spielenden jungen Mutter konnte Willi Lemke am Ende des Abends mitnehmen.